1991 |
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Sie klappert wieder:
Die Mühle am Rotbach
HIESFELD. Unermüdlich dreht sich schon wieder das Wasserrad. Jetzt sind die Gemäuer bereits abgesäuert, alte Fensteröffnungen wieder freigebrochen, die Deckenbalken restauriert, und im Inneren strahlen die Fußböden und Treppenhaus im hellen Glanz nordischer Kiefern. Ein kulturelles Kleinod, die Wassermühle Hiesfeld, ist nahezu wieder aufpoliert und soll im September in würdigem Rahmen vom Mühlenverein der Bevölkerung vorgestellt werden. Heute abend, vor der Jahreshauptversammlung, können sich die Vereinsmitglieder vom Stand der Restaurierungsarbeiten an Ort und Stelle überzeugen.
Der Förderverein „Windmühle Hiesfeld" gründete sich vor 15 Jahren und hatte sich zunächst die Wiederherstellung der 1822 erstellten Mühle zum Ziel gesetzt. 1981 waren die Außenarbeiten abgeschlossen und die Flügel des Hiesfelder Wahrzeichens drehten sich wieder. Schon 1979 erweiterte der Förderverein seine Satzung um die neue Aufgabe: Die Wiederinstandsetzung der Hiesfelder Wassermühle.
Die Wassermühle wurde 1982 zunächst provisorisch hergerichtet, das Mühlenrad bewegte sich wieder. Die Stadt entwickelte mit Beteiligung des Fördervereins die Restaurierungs-Planung des Gebäudes. Ein Finanzierungsplan mit einer Größenordnung von 350 000 Mark brachte zunächst einige Sorgen, doch dann kam der „warme Regen". Hierzu Vorsitzender Kurt Altena: „Das Land steuerte 200 000 Mark bei, die Stadt 100 000 Mark und der Förderverein die stolze Summe von 50 000 Mark. Ich sehe heute noch unseren Ex-Landtagsabgeordneten Franz Brodowski mit dem Schrieb des Landes über die Bezuschussung in der Hand", erinnert er sich weiter, „der uns aller Sorgen enthob."
Zügig ging man zu Werke. Die Außenanlagen wurden völlig verändert und ansehnlich gestaltet. Die Zimmerleute und Maurer gaben sich die Türklinken in die Hand. Das Müllerhaus und das Fachwerk-Mühlenhaus erstrahlen in neuem Glanz. Jetzt geht es an die Ausstattung der Räume. Hier soll u.a. ein naturgetreues Mahlwerk etabliert werden. Nach Mühlsteinen und der alten Technik ist schon Ausschau gehalten. Ein Modell der Wassermühle wird vom Mühlenbauer Eberhard Jankowski aus Suhlendorf / Lüneburger Heide gebaut, der in der vergangenen Woche schon vor Ort war.
Altena kann sich gut vorstellen, daß in dem großen Raum im zweiten Obergeschoß z.B. ein Teil des Heimatmuseums mit Gerätschaften, Mühlen betreffend, untergebracht wird. Geplant ist auch, die Technik der Mühle so weit zu vervollkommnen, daß sich das Wasserrad wieder drehen kann - ganz gleich, wie hoch der Wasserstand ist. Viele landwirtschaftliche Geräte, Pläne von der Mühle und Alt-Hiesfeld sind dem Vorsitzenden schon angeboten worden. Nur eines hat der Verein noch nicht exakt in Erfahrung bringen können: Wann die(se) Wassermühle wirklich gebaut wurde. Vielleicht kann hier irgendjemand Hilfe leisten.
NRZ Arno Wolter, 16. April 1991 (Fotos: Behrendt)
Anmerkung des Webmasters
Mit Sicherheit war es nicht die Absicht des NRZ-Redakteurs mit diesem Artikel Unruhe zu stiften. Ganz im Gegenteil: Arno Wolter und Kurt Altena waren durch gemeinsame Sportinteressen „ziemlich gute Kumpels„. Dennoch trat bei einigen Dinslakenern der Verdacht auf, es könnte in Hiesfeld ein zweites Heimatmuseum entstehen. Das restaurierte Haus des Müllers (nur der Backsteinbau - das vorderste Haus war noch nicht für den Mühlenverein bestimmt; es war noch das Bademeisterhaus bis 1996) hatte viele leere Räume und die Idee, darin ein Mühlenmuseum zu errichten, war noch nicht vollständig geboren. Der Modell-Mühlenbauer Jankowski war einer der Initiatoren, denn er stand in Verbindung mit dem damals einzigen Mühlenmuseum in Gifhorn.
Die Frage des Mühlenalters ist bis heute nicht geklärt. Das Fachwerkholz der Wassermühle stammt aus 1693. Das ist wissenschaftlich fundiert. 1506 kaufte aber ein Richter das Rittergut Hiesfeld mit einer Mühle, deshalb auch der Name Paumühle - der Richter hieß Pauwe. Die letzte der ehemals fünf Rotbachmühlen an Haus Wohnung (Rotbach kurz vor dem Fluß in den Rhein) wurde 1478 urkundlich vererbt. Die Hiesfelder Wassermühle liegt nur 120 Meter vom Rittergut der „Hiesfelds„ entfernt. Und die beherrschten das Land über dreihundert Jahre und wurden bereits im 12. Jahrhundert erwähnt. Die erste Wassermühle Hiesfelds könnte aus der Logik also durchaus 8-900 Jahre alt sein. Warum kann man das nicht beweisen? Ritter konnten und mußten kämpfen, aber die wenigsten konnten schreiben: Das war Sache der Mönche. Bis zur Erfindung der Blitzableiter wurden schon immer Häuser getroffen - auch Mühlen, und obendrein sorgte das Mehl selbst für Explosionsstoff - die Kriege darf man auch nicht vergessen. Wahrscheinlich haben die Spanier, als sie in dieser Gegend über den Rhein kamen auch eine der Vorgängermühlen abgebrand. Vielleicht oder mit großer Vermutung gab es 4 bis 5 Vorgängermühlen an derselben Stelle. Wenn in 100 Jahren ein Forscher das Alter der Mühle nach dem aktuellen Mühlrad bestimmt, dann wird er sagen, die Mühle stammt aus dem 20. Jahrhundert... und er hätte irgendwie Recht, denn das Rad wird in wenigen Jahren (nach diesem Artikel) von den Auszubildenden bei Thyssen-Krupp neu gebaut. Danke jedenfalls an jene Menschen, die dieses Gebäude nicht abgerissen haben - egal wie alt es ist.
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