Adel verpflichtet
Nach dem im Archiv der Klevischen Stände befindlichen Ritterzettel des 17. Jahrhunderts waren in der Bürgermeisterei Dinslaken drei altadelige Güter gelegen und zwar "Haus Bärenkamp", "Haus Hiesfeld" und "Haus Water(h)eck", alle waren landtagsfähig, d.h. sie hatten auf den sogenannten Ständetagen das Recht der Bewilligung von Abgaben und Steuern. Das war das Wichtigste für die Tagungen der Landstände. Alljährlich kamen diese in Kleve zusammen (mindestens einmal traf man sich jedoch auch im Kloster Marienkamp in Dinslaken). Sie bestanden aus Vertretern des Adels und der Städte. Sitz und Stimme hatten die Edelleute, welche einen Stammbaum von acht Gliedern aufweisen konnten und ein Rittergut im Werte von 6000 Talern besaßen. Nach den Bestimmungen, die für die Zugehörigkeit zu den Landständen bezüglich des Adels maßgebend waren, ist Haus Hiesfeld ein alter Sitz. Haus Hiesfeld hatte nach einem Aktenstück vom 30. November 1837 eine Größe von 696 Morgen und 6 Ruten. Es bestand aus einem Hauptgut, welches durch einen Halfmann bewirtschaftet wurde, aus zwei Halbbauernhöfen und aus sechs Katstellen. Der Halfmann entsprach in seiner Tätigkeit etwa einem jetzigen Gutsverwalter, Er bekam für seine Arbeit jede zweite Garbe, woher auch wohl die Bezeichnung Halfmann kommt, weil er eben die Hälfte der Garben erhielt. Zu Haus Hiesfeld gehörten in der damaligen Zeit alle Besitzungen "an den Höfen". Außerdem hatte der Herr von diesem Edelsitz noch Grundeigentum auf dem Oberlohberg. Die Wassermühle war ebenfalls Bestandteil dieses Gutes und ist wahrscheinlich von Anfang an, nach Einführung des Wasserrades, benutzt worden.
Das "Burg"haus Hiesfeld, ist also ein ehemaliger landtagsfähiger Rittersitz im gleichnamigen Ortsteil Hiesfeld der Stadt Dinslaken am Niederrhein im Kreis Wesel in Nordrhein-Westfalen. Doch wie war das früher?
Das "Haus" war eine Wasserburg aus dem 13. Jahrhundert.
Idealbild hochmittelalterlicher Ritter: Hartmann von Aue. (li.)
In Ermangelung Hiesfelder Ritter-Insignien nutzen wir diese Zeichnung als Hinweis für die Darstellung der Ritter auf Wikipedia. Die Lektüre hilft nicht bei der historischen Erkundung der Wassermühle, bringt aber das Verständnis für das wahre Ritterleben ohne "Hollywood".
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Das vorgeschichtliche Hiesfeld
Funde aus der Jungsteinzeit beweisen, daß auf Hiesfelder Boden schon um 5000 - 2000 v. Chr. Menschen gelebt haben. Dies war auf der höher gelegenen Mittel- und Hauptterrasse des Rheins eher möglich als in den ehemals sumpfigen Gebieten des heutigen Stadtgebietes.
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Aus dem Hiesfelder Bereich, z. B. aus der Nähe der Autobahn A3, aus der Nähe der Windmühle und vom Oberlohberg stammen die hier abgebildeten Dolchspitzen, eine Pfeilspitze, ein Messer und Scherben. (Abb. 1)
Für viele Jahrhunderte gibt es dann keine Funde mehr.
Steinbeile (1 und 2), Dolchspitzen (3,4 und 7), Pfeilspitze (6), Messer (5) und Becherscherbe (8) der jüngeren Steinzeit. |
Die nächsten Zeugnisse für die Anwesenheit von Menschen finden sich erst in viel späterer Zeit, der älteren Eisenzeit, 800 - 600 v. Chr. Westlich des Stöfkenshofes an der Buschstraße in Oberlohberg fand man in einer Kiesgrube 1935 ein Nest mit Scherben. Aus ihnen konnte ein 58 cm hohes Vorratsgefäß rekonstruiert werden. (Abb. 2)
lm südlichen Hiesfelder Bruch befand sich eine Erdhügelburg, die Rouleersburg*. Anhand der dort gefundenen Scherben konnte sie (mindestens) ins 13. Jahrhundert datiert werden.
Abb. 2 Vorratsgefäß und Lanzenspitze aus Grube II vom Stöfkenshof
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Um diese Burg knüpften sich alte Sagen, die von vergrabenen Schätzen und von unterirdischen Gängen zum Haus Bärenkamp** und zum Kastell nach Holten berichteten. Tatsächlich wurde der Hügel bei den Ausgrabungsarbeiten stark durchwühlt vorgefunden. Zu der damaligen Zeit wäre ein wasserdichter Tunnel bei dem hohen Grundwasserstand im Lockerboden technisch nicht ausführbar gewesen. Die "unterirdischen Gänge" waren Erdvertiefungen, die mit Buschwerk bedeckt waren und tatsächlich mit den nahegelegenen Höfen verbunden waren, um bei Gefahr durch Plünderer und Raubbanden, kriechend oder in gebeugter Laufhaltung, Schutz in der "Burg" zu suchen.
Es gibt allerdings Verbindungen zwischen den hiesigen Ritterhäusern, die im wesentlichen durch Heirat zustande kamen. Die gemeinsame Wolkenschnittteilung des Wappens findet sich bei Hiesfeld, Götterswick, Mattler und Stecke. Eine kleine Geschichte der Stecke, heute Voswinckelshof (Haus des Heimatmuseums), erklärt das "System Ritter"
* Mit der Rouleersburg beschäftigt sich der Autor Dr. Ingo Tenberg. Er profilierte sich mit diesem Werk als profunder Kenner der Hiesfelder Historie. In seinem zweiten Buch verarbeitet er auch die Jugenderinnerungen von Kurt Altena, ehemaliger Bürgermeister der Stadt Dinslaken und Vorsitzender des Mühlenvereins. Mit seinem neuen Band „ Von Räuberbanden, Taufsteinen und dem nassen Bäuerlein“ setzt er seine Arbeit zur Hiesfelder Geschichte fort. Das Script dieses Buches trägt er im Mühlenhof vor
** Das Haus Bärenkamp wurde abgerissen
Noch ältere Stücke wurden 1960 gefunden und 2015 nach der Radiocarbonmethode (C14) untersucht. Lesenswerter Zeitungsartikel, der allerdings nicht bei der Geschichte der Wassermühle hilft. Andererseits wird in diesem Artikel deutlich, dass die Aktivitäten in dieser Region schon sehr alte Ursprünge haben. NRZ 16. März 2016
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