Sonderseite "Lohe"
Vom Lohberger und Lohgerber
Die Berufsbezeichnung Lohgerber bzw. Rotgerber leitet sich ab vom heute weitestgehend untergegangenen Handwerk der Lohgerberei, einer spezialisierten Form der Gerberei, die Rinderhäute zu strapazierfähigen, kräftigen Ledern verarbeitete, beispielsweise für Schuhsohlen, Stiefel, Sättel oder Ranzen. Lohgares Leder ist kaum elastisch, dafür gewinnt es beim Gerben auf Kosten der Fläche an Dicke und wird sehr widerstandsfähig gegen Wasser und schwache Säuren.
Da mit Eichenlohe gegerbtes Leder rot bis braun ist, bezeichnete man die Lohgerber oft auch als Rotgerber. Es gibt zahlreiche regional verschiedene Bezeichnungen für den Beruf des Lohgerbers: Lauer, Löber, Loher, Löher, Lorer, Löhrer (ndrhein.), Löhr (norddeutsch) – als Berufsbezeichnungen sind sie längst in Vergessenheit geraten, haben jedoch bis heute als Familiennamen überdauert.
Nachdem der Loh- oder Rotgerber die Fleischreste und Fette auf dem Schabebaum vom Balg entfernt hatte, erfolgte das sogenannte Äschern mit Kalk in der Äschergrube, wodurch sich die Haare vom Balg lösen und in einem zweiten Schabegang entfernt werden konnten. Anschließend wurden die sogenannten grünen (unreifen) Häute samt einer Lohe aus Eichen- oder Fichtenrinde und Galläpfeln (auch Knoppen genannt) zur Gerbung in eine Lohgrube verbracht. Die klassische Gerbung in Lohgruben konnte zwischen einem halben und drei Jahren dauern, je nach Ausgangsmaterial und gewünschter Qualität, wobei die Häute alle zwei bis vier Monate umgeschichtet werden mussten. Insofern musste ein Lohgerber für eine kontinuierliche Arbeit möglichst viele Gruben haben.
Als Gerberlohe bezeichnet man die vom Baum getrennte, zerschnittene und fein gemahlene Rinde – meistens Eichenrinde, seltener auch Fichten- oder Tannenrinde – in der sich der Gerbstoff Tannin befindet. Dabei werden für einen Zentner Leder vier bis fünf Zentner Lohe benötigt, für kräftiges Sohlenleder (auch Pfundleder genannt) sogar acht Zentner. Insofern war für das Handwerk der Lohgerberei auch ein reicher Holzbestand vonnöten. Beliefert wurden die Lohgerber von dem Berufsstand der Löher, die meist im Mai, wenn der Saft in die Bäume steigt, die Rinden in oft speziell angelegten Eichenschälwäldern, auch Lohwald oder Lohhecke genannt, schälten, bevor diese gefällt wurden. Die beste Lohe soll aus der Rinde von achtzehn Jahre alten Eichen gewonnen werden. Seit Ende des 19. Jahrhunderts wurde die einheimische Eichenlohe zunehmend durch aus Übersee importierte Gerblohen wie Quebrachoholz ersetzt.
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Da für die Gerberei generell große Mengen an Wasser benötigt wurden, lagen Gerbereien meist an einem Fluss (in Dinslaken am Rotbach) oder Kanal, denn nicht nur bei der Vorbereitung zur Gerbung, sondern auch nach der Entnahme aus der Gerblohe mussten die Häute für viele Stunden gespült und gewässert werden. Durch das anschließende Trocknen der gespannten Häute an der Luft vollendete sich der chemische Gerbvorgang. Als letzte Arbeitsgänge erfolgten das Walzen, Glätten, gegebenenfalls das Spalten (Spaltleder), sowie das Wachsen und Beschneiden des Leders.
Musste die Rinde anfangs noch von Hand zerkleinert werden, erfolgte dies mit dem Aufkommen der Nutzung der Wasserkraft ab dem 12. Jahrhundert in einer meist über ein Wasserrad angetriebenen Mühle, der sogenannten Lohmühle, die in der Regel zur Lohgerberei gehörte. In Dinslaken hatten die Hiesfelder Wassermühle (auch "Pau-Mühle", nach einem der Besitzer und "Loosmühle" nach der Lohe genannt) als auch die Hiesfelder Windmühle neben Korn, auch die Lohe im Mahlprogramm.
Am 1. Oktober 1833 übernahm der Müllermeister Johann Wilhelm Beckmann die Windmühle in Hiesfeld. Gerhard Eickhoff, der Erbauer, sollte die Wahl nicht bereuen. Bald nach Weihnachten ließ Beckmann bekanntmachen, dass er von nun an in der Mühle Aufträge zum Mahlen von Eichenlohe annehmen würde. Bei ihm sollte es nicht vorkommen, dass die Mühlsteine wochenlang stillagen, wenn der Hauptansturm zum Kornmahlen nach der Ernte vorüber war. Gleichzeitig schloß er mit dem Gerbereibesitzer Bleckmann in Dinslaken einen Vertrag, seinen gesamten Bedarf verbilligt zu mahlen.
Dieses Abkommen sicherte dem Pächter einen vorteilhaften Dauerauftrag gerade für Zeiten, in denen wenig Korn geliefert wurde. Ein weiterer Vorteil: die Lohmüllerei brachte ständig Bargeld, während beim Korn oft bloß 1/20 "Mulster" (Bezahlung durch Zurückhalten von Getreide oder Mehl) abfielen. Bald folgten auch andere kleine Gerber, Händler und Handwerker (Schuster) dem Beispiel Bleckmanns: so Liefmann, Schuster Möllenbruck, Flügel, Berns, Ensing, Bremer, Hüsken, Winkelmann, Gerber Moses. Zu seinen Mahlgästen mit kleineren Aufträgen zählten auch Schuster Ahls in Dinslaken, Schuster Strengmann, Reiners in Hünxe, G. Sarres aus Voerde, Lantermann, Winkelmann.
Aus Wilhelm Beckmanns Mahlbüchern
Diese Zahlen erhält man, wenn man die Monatsspalten in des Pächters Lohmahlbuch zusammenzählt. Das bedeutet, daß im Durchschnitt pro Arbeitstag etwa 3 Zentner Lohe gemahlen wurden. Einmal zählte der Müller zusammen, wieviel er für Bleckmann und wieviel er für die anderen gemahlen hatte. Die Berechnung lautet: von Oktober 1843 bis August 1846 für Bleckmann 109447 Pfund, für die anderen 85308 Pfund gemahlen.
Bleckmann hatte die größte Lohgerberei in Dinslaken
Aufgrund der extrem starken Geruchsbelästigung wurden die Lohgerber wie auch die anderen Gerber durch die im Mittelalter entstehenden Stadtordnungen vielerorts dazu verpflichtet, sich am Stadtrand oder in Vorstädten anzusiedeln, und zwar an den Abläufen der Flüsse, da die beim Waschen der Leder ausgeschwemmten mineralischen Stoffe wie Alaun, Arsenik, Kalk und Salz sowie Fleisch- und Haarreste zu einer enormen Verunreinigung der Gewässer führte.
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Hinterhermsdorf, Walderlebniszentrum Waldhusche - trocknende Lohrinde |
Wie alle Gerber so waren auch die Lohgerber hohen gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt: „Natürlich wusste Madame Gaillard, dass Grenouille in Grimals Gerberwerkstatt nach menschlichem Ermessen keine Überlebenschance besaß“ – so die Schilderung in Patrick Süskinds Roman „Das Parfum“, in welchem er anschaulich die schwere und gesundheitsschädigende Arbeit der Gerber im Paris des 18. Jahrhunderts darstellt. Nässe und kaltes Wasser führten zu chronischen rheumatischen Leiden, der zum Äschen eingesetzte Kalk verätzte die Hände und der Umgang mit den rohen Häuten führte nicht selten zu tödlich endenden Milzbrandinfektionen.
Mit aufkommender Industrialisierung im 19. Jahrhundert wurde der langwierige Prozess der Grubengerbung durch die Schnell- oder Fassgerbung mit Lohbrühe, später der Chromgerbung in Bottichen abgelöst: der zünftige Berufsstand des Lohgerbers wurde vom industriellen Lederarbeiter abgelöst.
Straßennamen in den alten Innenstädten weisen bis heute auf Standorte der Lohgerbereien hin. In Dinslaken sind mit Lohberg und Oberlohberg gleich zwei Stadtteile mit der Lohe verbunden. Lohberg war bis 1918 Teil der größten Preussen-Gemeinde Hiesfeld und hieß Unter-Hiesfeld. Nach alten Karten war der Hiesfelder Norden ein waldreiches Gebiet. Erst Ende des 19.Jh. wurde der Namensbegriff Loh"berg" mit dem Bergbau verknüpft. Die Eichenrinde geriet in Vergessenheit.
Als Technisches Schaudenkmal gilt die Lohgerberei Weida
Weida entwickelte sich ab der Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem Schwerpunkt der Lederherstellung im mitteldeutschen Raum. Das Museum ist die ehemalige Gerberei Francke, die von 1844 bis 1990 arbeitete. Nach Einstellung der Produktion wurde der Betrieb zu einem technischen Schaudenkmal mit voll funktionstüchtigen Maschinen, wie Rindenbrecher, Lohmühle, Entfleischmaschine, Lederwalze, Ausstoßmaschine, Walzenpresse, Pumpen, Gerbgruben und drehbaren Holzfässern sowie einer kleinen Dampfmaschine von 1855 mit 12 PS Leistung umgestaltet. Im angrenzenden ehemaligen Wohnhaus befinden sich Ausstellungsräume zur Geschichte des Handwerks. |
wesentliche Informationen basieren auf Wikipedia
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