Mühlenverein Hiesfeld
die Geschichte der Windmühle
die Windmühle
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in der Mühle
Geschichte
 
Hiesfeld
 
Renovierung 1998
 
Renovierung 2004


 
 
 

 

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Wirt und Wohnung

Ließen die Mühlengeschäfte einmal nach, so ging es Beckmann auch nicht gleich schlecht, denn er bewirtschaftete nebenher noch einige Morgen Land und hatte seine Kuh im Stall. Schon um den erprobten Mann zu halten, war Gerhard Eickhoff gern bereit, seinem Pächter zu einer ordentlichen Wohnung zu verhelfen. Dessen Familie war nämlich stark gewachsen. Im Weihnachtsmonat 1836 begrüßte ein Kind den Pächter am Hoftor des neuen Hauses mit einem kleinen Spruch Gerhard Eickhoffs:

Beim Einzug in dies neue Haus wünsch ich Euch Glück und Segen,
Ihr möget eingehen oder aus: auf allen Euren Wegen,
seid mir nur treu, willig dabei
so wird Gott durch mich sorgen
für Euch an jedem Morgen.
Dieses wünscht von Herzen der Familie Beckmann zum 

Willkommen bei Ihrem Eintritt in dies Haus am 13. Dezember 1836 Gerhard Eickhoff
 

Über der Haustür war von den Nachbarn ein 
Willkommengruß befestigt. Bewegten Herzens las der Uberglückliche den Hausspruch:

Gesundheit, Brot und Glück, 
ein friedliches Nachbarleben, 
das wolle Gott Euch hier in diesem Hause geben.

Wilhelm Beckmann selbst war ein Mensch, der das Leben stets in Heiterkeit nahm. Davon zeugt auch ein Reim, den er später dem Gastwirt über den Schanktisch hängte (Gerhard Eickhoff besaß neben der Windmühle und etlichem Ackerland noch eine Gastwirtschaft.)

Animation alter Ansichten
Kirche und Kneipe, damals und heute der Anblick 2015 (erbaut 1845 nach Verkauf der Mühle)

Wie lachten seine Gäste, als sie den Spruch lasen:

Lieber Wirt, ich rate Dir: 
braue nur recht gutes Bier.
Und damit's die Gäste dürste, 
tu viel Salz in Deine Würste.
Halte eine hübsche Magd, 
die den Gästen nichts versagt.
Versage keine kleine Freude, 
schreibe doppelt mit der Kreide.
Dieses glaube nur ganz fest: 
reich wirst Du, probatum est.

"De olle Wert" nahm's nicht übel.

Nach 1839 gerät Gerhard Eickhoff in eine schwierige Lage. Sei es, daß ihn die Krankheit seiner Frau Agnes in Schulden brachte, sei es, daß die Halbgeschwister ihn wegen eines Anteils an der Abfindungssumme bedrängten. Nach monatelangem Zögern verkauft er die schöne Mühle. Zwar bleibt sie in der Verwandtschaft und auch Beckmann müllert noch weiter; aber es fehlt ihm doch etwas. Immerhin ist die Glanzzeit der Mühlen dahin: die Maschine beginnt sie bereits zu verdrängen. Bald wechseln die Besitzer und auch die Müller immer häufiger:

Johann-Heinrich Ullrich, Müller, Dinslaken
Heinrich Sassen, Wirt
Wilhelm Tirnagen (vielleicht Ten Hagen), Müller
Heinrich Nohlen, Ökonom
Heinrich Zacharias aus Hüls bei Krefeld
Hermann Sondermann, Müller in Holten

Seit 1942 ist Hermann Bergmann in Telgte Eigentümer. Er hat die Mühle für die Erneuerungsarbeiten bereitwillig zur Verfügung gestellt. Wie aber ging es mit der Mühle? In regelmäßigen Abständen hatte Beckmann die Steine schärfen und erneuern lassen - auch das trug er ins Mühlenbuch ein. Größere Schäden aber waren dank der sorgfältigen Arbeit Heinrich Brahms bisher nicht aufgetreten. Im Laufe der Jahre gab es natürlich kleine Ausbesserungen am Kornrad, am Bunkel und an den Rünzeln. Erst 1845 wurde infolge der Unachtsamkeit eines Lehrlings die eiserne Achse so beschädigt, daß sie ausgewechselt werden mußte. 

Die heutige Achse wurde 1868 eingesetzt.

Brustachse, gegossen in den Niederlanden
Ihre Lebensdauer wird die andere weit übertreffen. 
1847 brach in einer Sturmnacht ein Bruststück und der ganze Flügel krachte mit Donnergetöse zur Erde. Beckmanns letzte Eintragung ins ledergebundene Mahlbuch lautet:

"Am 28. May 1847 ist wieder ein neues Bruststück und ein neuer Flügel an die Mühle gezogen."

Damit schließen die Mitteilungen Beckmanns. Während des ersten Weltkrieges und kurze Zeit nachher ist die Mühle noch benutzt worden. Wahrscheinlich wurde zeitweilig noch ein Motor als Ersatz für den fehlenden oder zu schwachen Wind eingesetzt. Bald war auch das überholt. An ihrem 100jährigen Geburtstag verschloß und verriegelte der letzte Müller die Eingänge und die große Karreneinfahrt. Die Flügel standen im Kreuz (= senkrecht) auf Feierabend. 

Jahrzehntelang sang nur der Nachtwind durchs feine Sparrenwerk, heulte der Sturm durch die Flügel. Einmal, wohl im Jahre 1936, kamen Leute und fotografierten die Mühle. In einem dicken Buch las man unter dem Bild: "sterbende Windmühle in
Dinslaken-Hiesfeld". Schlimmeres stand der Mühle noch bevor: 1945 zerfetzten Granaten die Haube. Aber der Turm und das starke Balkenwerk widerstanden, um jeden Heimkehrenden von weitem zu begrüßen.

Original-Windspiel heutiges Windspiel (2017)

Heute* aber, nach fast 3jähriger Mühe, kann das Werk wieder arbeiten, die Flügel können sich wie vor 130 Jahren drehen. Zwar ist vieles erneuert und manches modernisiert worden, z. B. die kleine Windrose auf der Haube, die sich beim leisesten Wind lustig dreht. Sie dient zum selbsttätigen Schwenken der Kappe in den Wind. (Anmerkung: Dieser Zeitabschnitt ist von Berthold Schön und Willi Dittgen sehr kurz gefasst. Deshalb geht die Nachkriegsgeschichte, aus anderen Quellen, auf der nächsten Seite weiter). Aber die edelsten Teile des Getriebes: Zahnräder, Rünzel und Königswelle sind noch die alten aus dem Jahrhundert Napoleons.

* mit "Heute" ist 1955 gemeint

Buch Cover Nachlese entnommen aus dem Buch
NACHLESE
Heimatkundliche Beiträge von
Berthold Schön
Aus dem Nachlaß zusammengestellt
von Willi Dittgen *(1986)
Herausgegeben vom Verein für Heimatpflege 
"Land Dinslaken" e. V.
Band 14 der "Dinslakener Beiträge"
 bearbeitet von Paul Duscha

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