Lippeverband enthüllte gemeinsam mit Bürgermeister Michael Heidinger und Heimatforscher lngo Tenberg Info-Stele am ehemaligen Barackenlager Rotbachtal
Von David Knapp
Dinslaken. Bisher erinnerte nur ein die Jahrzehnte überdauerndes Betonfundament an das ehemalige Barackenlager Rotbachtal. Zwischen Rotbach und Autobahn A3 war der Ort, an dem im Zweiten Weltkrieg bis zu 150 Arbeiter lebten, fast in Vergessenheit geraten. Um dem entgegenzuwirken, stellte der Lippeverband ebendort eine Info-Stele auf. Gestern (22.9.)enthüllten Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender des Lippeverbandes, Bürgermeister Michael Heidinger und Heimatforscher Ingo Tenberg, der die Geschichte des Lagers aufgearbeitet hat, die zwei Meter hohe Informationstafel.
"An diesem Ort haben sich Dramen abgespielt"
Ingo Tenberg über das ehemalige
Barackenlager Rotbachtal
Auf der Info-Stele ist der Umriss des ehemaligen Barackenlagers zu sehen. Außerdem informiert ein kurzer Text über die Zeit, als hier während des Zweiten Weltkriegs vor allem Fremdarbeiter aus Belgien, den Niederlanden und Italien lebten. Anfang des Krieges arbeiteten die Menschen hier vor allem am Ausbau der Reichsautobahn von Oberhausen nach Wesel. Später, ab 1942, wurden die Arbeiter täglich zur Ruhrchemie AG nach Holten gefahren. Das Lager war durch die nahegelegene Flak der Wehrmacht ständig durch die Bombenangriffe der Alliierten bedroht. So kamen im April 1943 bei einem Angriff 31 belgische Fremdarbeiter ums Leben. "Die meisten wissen nicht, welche Dramen sich hier abgespielt haben", sagt Tenberg. Mit Hilfe des Stadtarchivs, Werkszeitungen der Ruhrchemie AG und dem Tagebuch eines italienischen Fremdarbeiters konnte der Heimatforscher einen Einblick in das Leben im Lager gewinnen.
"Freud und Leid waren hier auf engstem Raum beisammen. Das ist eine Ambivalenz, die diesen Ort zu einem besonderen macht", resümiert Tenberg. So sei während der Kriegsjahre mindestens eine "Kraft-durch-Freude" -Veranstaltung organisiert worden. An Heiligabend spielte ein Orchester den Lagerarbeitern ein Konzert. Vor allem sei das Leben hier aber durch "das Warten auf die Befreiung" geprägt.
Der Lippeverband wurde durch die Renaturierungsmaßnahmen des Rotbachs auf das ehemalige Barackenlager aufmerksam. Jetzt, da der Rotbach-Weg direkt durch die alte Anlage führt, hätten sich Radfahrer beim Lippeverband nach der alten Betonruine erkundigt, Vorstandsvorsitzender Uli Paetzel. Die Info-Stele sei auch als Bekenntnis "unserer historischen Verantwortung" zu sehen.
Bürgermeister Michael Heidinger lobte die Kooperation mit dem Lippeverband und das Engagement von Ingo Tenberg. Er sagte, dass es Bürger brauche, die sich mit ihrer Heimat auseinandersetzen - nicht von oben verordnet, sondern aus der Mitte der Gesellschaft: "Dinslaken ist stark in der Erinnerungskultur, auch wenn es dunkle Seiten unserer Historie sind." Die Info-Stele reihe sich so in die bereits bestehenden Mahnmale Dinslakener Erinnerungskultur ein. So erhält die Betonruine' zwischen Autobahn und Rotbach ihre, fast vergessene historische Bedeutung zurück.
FOTO: LARS FRÖHLICH